Dreieinhalb Centurien und ein Brief des Sehers an seinen Sohn Cäsar stehen uns bei der Suche nach ei-nem möglichen Schlüssel zur Ver-fügung. Darin findet man Ansatz-punkte in Massen. Die quälende Frage dabei ist allerdings:
Michel Nostradamus hat seine Centurien (Hundertschaften), wie der Name schon
besagt, in jeweils 100 prophetische Vierzeiler eingeteilt. Die Erstausgabe
aus dem Jahr 1555 endet aber bereits mit der 53. Centurie. Das wurde Jahre
später dann erst ergänzt. Im Nachfolgenden werde ich die Versnummern
immer so angeben: 1/1 (1. Centurie, 1. Vers), 4/53 (4. Centurie, 53. Vers)
usw. 4/53 (der letzte Vierzeiler in der Erstausgabe) ist also der 353ste Vierzeiler
in den Centurien
Diese Versnummern oder die
durchlaufenden Nummern von 1 bis 353 sowie die Zahl 3797 (sie ist ne-ben den
Versnummern die einzige markante in Ziffern geschriebene Zahl im ersten Werk
und ist gegen Ende des Briefes an Cäsar zu finden) diese Nummern
sind also zunächst die einzigen Anhaltspunkte, um überhaupt irgendeine
Rechengrundlage zu haben. Buchautor Manfred Dime rechnet z.B. mit den Versnummern.
Für ihn stellt jede Centurie ein Jahrhundert dar und jeder Vierzeiler
darin steht für ein Jahr. Nach dieser These stand die 9. Centurie für
das letzte Jahrhundert Pate, die 10. Centurie steht für das neue Jahrhundert
ab 2000. Vers 10/4 wäre demnach (nach Dimdes Theorie) der aktuelle Vierzeiler
für das Jahr 2004.
Es bieten sich aber noch weitere Möglichkeiten anhand der Versnummern
an, z.B. wenn man die Verse addiert (1+2=3+3=6+4=10+5=15+6=21+7=28+8=36+9=45+10=55+11=66
usw... erhält man beim letzten Vierzeiler einer Centurie)
als Ergebnis 4987 (immerhin irgend etwas zum Rechnen). Es wäre z.B. auch
eine Möglichkeit, die Ergebnisse von jeder Addition zu listen und diese
dann mit der Versnummer zu verrechnen. Beispiel: (Vers 49 = 1225 + 50 = 1275
+ 51 = 1326 + 52 = 1374 + 53 = 1431 usw. ) Nun ließen sich diese Ergebnisse
mit der entsprechenden Versnummer verrechenen, z.B. 1431 + 53 = 1484
oder 1431 + 153 = 1584 oder mit Minus rechnen: 1431 153 (Versnummer
1/53) = 1278 usw. Hier könnten z.B, die Vierzeiler 12 und 78 zusammen
gehören (1278) oder von rechts nach links zu lesen, die Verse 87 und
21.
Derartige Zahlenspiele ließen sich auch mit dem Startjahr der Centurien,
1555, verrechnen. Der Brief an Cäsar wurde mit dem 1.3. 1555 datiert
auch diese Zahl könnte von Bedeutung sein. Man sieht, bereits
nur mit den vorhandenen Versnummern kann man weite gedankliche Spaziergänge
unternehmen. So wäre die Differenz von 1555 zum "Endjahr seiner
Prophezeiungen", 3797) 2242. Auch damit lässt sich ei-niges durchspielen...
Nun wird's etwas knifflig...
In der Erstausgabe steht der
Name des Sehers nicht voll ausgeschrieben über den Centurien, sondern
sein Vorname wird lediglich durch ein M. markiert. Also M.
NOSTRADAMVS. Liest man dies im Raster (einen Buchstaben über den
anderen weglassend), dann stößt man auf das Wort ATOM
= gr. unteilbar. Dies könnte eventuell ein Hinweis auf Primzahlen
(z.B. innerhalb der Versnummern) sein...
So sieht das aus: M
N O S T R A D A M
V S
Von rechts nach links zu lesen (die roten Buchstaben) V A A T O M
oder (von links nach rechts zu lesen) und ebenfalls bedeutsam: M
O T A A V (mot
= franz. "Wort"). Ein schier unerschöpflicher Quell stellen
die unteilbaren Primzahlen dar. Pro Centurie sind das (von 1 bis 100) genau
25 Zahlen, also ein Viertel einer Centurie. Die 13. Primzahl bildet die Mitte:
Versnummer 41) und links und rechts davon stehen jeweils 12 Primzahlen. Das
sieht dann bei allen möglichen Primzahlen innerhalb einer Centurie so
aus:
2 - 3 - 5 - 7 - 11 - 13 - 17 - 19 - 23 - 29 - 31 - 37
41 43 - 47 - 53 - 59 - 61
- 67 - 71 - 73 - 79 - 83 - 89 - 97
Diese Verse könnten also irgendwie von Bedeutung für den Schlüssel
sein, wenn man den Hinweis des Wortes ATOM als "unteilbar" deutet.
Sie merken schon ich präsentiere Ihnen hier keinen perfekten fix
und fertigen Nostradamus-Schlüssel, sondern ich möchte Sie dazu
anregen, selbst aktiv zu werden und eigene Wege zu gehen. Von mir kommt nur
der kleine, sanfte Schubs...
Zudem muss ja nicht immer
gleich die Mathematik herangezogen werden, wie in den 20er Jahren van Loog
belegt, in den 50ern Centurio, oder heute Johannes Freutsmiedl
("Die Botschaft Der Brief an Heinrich den Zweiten"). Van
Loog (auf Schlüsselsuche) kehrte in jahrelanger Mühsal die lateinischen
Zi-tate aus den beiden Begleitbriefen von unten nach oben und entwickelte
daraus ein riesiges magisches Quadrat, mit dem man freilich am Ende nichts
anfangen konnte. Centurio war der erste deutschsprachi-ge Autor, der das Gesamtwerk
des Nostradamus übersetzte und nun (mit der Brechstange) versuchte je-dem
Vers ein geschichtliches Ereignis zuzuweisen. Auch T. Simrun, "Das
große Buch der Prophezeiun-gen" (2003) versuchte sich erst
gar nicht am Schlüssel, sondern sondierte die Vierzeiler nach "Bereits
Geschichte möglicherweise Gegenwart das muss noch kommen"
und sein Buch verkauft sich wie warme Semmel. Freutsmiedl hat sich ausschließlich
den Brief an Henri II vorgeknöpft (dem die meisten Autoren keine
allzu große Aufmerksamkeit widmen) und deutet die Texte und lateinschen
Einschiebsel neu und auf seine Weise.
Es geht also auch, ohne dass man mit Zahlen herum experimentiert. Die Vielfalt
an Buchstaben-Hervor-kehrungen und Merkwürdigkeiten in den Centurien
reichen mindestens für ein arbeitsreiches Studien-Leben aus. Wenn Sie
dennoch in die Welt der Zahlenumwandlung und des "Hey Nostradamus
meint ja mich!" eintauchen wollen, dann wappnen Sie sich für eine
lange Reise. Dieses "Spiel" mit Zahlen und Buchstaben kann zur Droge
werden über die schon mancher Mitmensch nach einigen Jahren irre wurde.
Nüchternes Abwägen und ein kühler Kopf sind da angesagt...
Ich will trotzdem da weitermachen... Okay,
mir reicht's! Lieber
was anderes lesen...