Thema des Monats
                                 Krieg und Frieden  –  Gedanken zum Februar

Tja, da stehen wir jetzt an einem möglichen Wendepunkt der Geschichte
und selbst die alten Propheten helfen uns keinen Deut weiter. Die Beweise
"für das Böse in der Welt" liegen auf dem Tisch und keiner, außer jenen
die sie mühsam zusammen stoppelten, kann sich für sie so recht erwär-
men. Wir, die Normalbürger, das manipulierbare Arbeitsvieh der Welt, wir
erfahren nur, was wir erfahren sollen; und doch – da ist ein Aufglimmen un-
ter den Menschen, dass in mir die Hoffnung aufkommen lässt, dass schla-
fende Hunde vielleicht doch nicht ganz so tief schlafen, wie so manche
Obrigkeit bisher glaubte.

Es entbehrt sicherlich nicht an Sarkasmus, dass wird Deutschen nun die
Zähne gegen den großen Bruder USA fletschen, weil unser Bundeskanzler
vor einigen Monaten mit einem lockeren Spruch seinem Kopf aus der Bun-
destagswahl-Schlinge zog, um mit "Keine Kriegsbeteiligung Deutschlands"
und einem verheerenden Ossi-Hochwasser seine Wähler wohlgesonnen
zu stimmen. Nein, dieses Wahlversprechen nicht einzulösen, würde ganz
sicher das Ende der Ära SPD-Regierung einläuten. Gerhard, da musst
Du jetzt durch, auch wenn es Dir vermutlich jede Nacht den Schlaf rauben
wird...

Gott, wie sehr doch das Schicksal den Werdegang der Menschheit be-
einflusst! Ohne diese verdammte Überschwemmung im Osten Deutsch-
lands – so heisst es allgemein – hätte Gerhard Schröder die Wahl ver-
mutlich nicht gewinnen können und die nun nach Krieg und US-Solida-
rität schreiende Frau Merkel wäre möglicherweise Außen- oder Vertei-
digungsministerin. Doch wie immer die Sache Deutschland-USA-IRAK-
Nato-Zerrissenheit nun auch ausgehen mag – das Hochwasser hat dafür
das Fundament gelegt. Schicksal, Du bist schon eine merkwürdige Sa-
che!

Und nun...? Wie wird es weitergehen?

Das geeinte Europa steht vor einem Scherbenhaufen. Deutsche, Franzo-
sen, Belgier und Russen beuteln die Gemeinsamkeit? Oder sind es
eher die anderen, die, welche gegen den Iran zu Felde ziehen möchten,
die das Schiff Europa ins Schwanken bringen?  Die Polen  –  eh keine
Chance, sich auch nur mit einem Panzer in Nahost beteiligen zu dür-
fen/müssen – gehörten zu den Ersten, die sich offen für eine Intervention
in Nahost bekannten. Klar. Ich könnte das selbe anbieten  –  mich will
auch keiner dabei haben.

Doch auch dort, und in Spanien und in England und selbst in den Staaten
verhallt der Schrei des "Nein"-sagenden Volkes ungehört von jenen, die
vorgeben, triftige Gründe für eine Intervention zu haben.

Intervention. Der Duden erklärt das Wort mit "Staatliche Einmischung in
die Angelegenheiten eines fremden Staates". Wir sollten uns diesen Satz
einmal auf der Zunge zergehen lassen....

Nun halte ich Saddam Hussein ganz sicher nicht für das Gelbe vom Ei.
In ihm aber, dem einstigen Bollwerk gegen den Iran und fundamentalisti-
sche Schiiten (die hat er allesamt aus dem Land gejagt), in ihm eine
"Bedrohung für den Weltfrieden" zu sehen, kann ich irgendwie nicht nach-
empfinden. – Nicht ohne die Beweise, nach welcher die UN-Waffeninspek-
toren suchen und wohl nie finden werden, es sei denn die "Beweise" la-
gern schon in hölzernen Top-Secret-Kisten abrufbereit auf einem der
Schiffe, die abrufbereit im Golf kreuzen. Die bisher bekannt gewordenen
schmierigen CIA-Affären – ich denke da z.B. an die in England nachge-
stellten Filmaufnahmen, wo als Iraki kostümierte Schauspieler Babys aus
angeblichen Kuwaitt-Brutkästen zerrten – haben mein Vertrauen in die
Redlichkeit von US-Motiven und -beweisen dann doch erheblich erschüt-
tert.

Wie denn immer auch die "Irakkrise" bewältigt werden wird, nach den
ersten zehn Februartagen lässt sich bereits erkennen, dass George Bush
jun. nicht nur "wenn notwendig auch ohne UN-Beschluss" den Irak zu
überrollen gedenkt – auch Europa wird aus dieser Krise gebeutelt und
zerzupft hervorgehen. 80% der Spanier wollen keinen Krieg und die jet-
zige Regierungspartei wird das ebenso zu spüren bekommen, wie Tony
Blaire in England und all jene Regierenden, die sich aus Solidaritäts-
zwängen heraus dazu genötigt sehen, gegen das eigene Volk dem
großen Bruder die Waffenfreundschaft im Irak-Debakel anzubieten. Mö-
gen die Völker der Ja-sage-Politiker niemals vergessen, dass die von
ihnen gewählten Regierungen gegen ihren Volkswillen entschieden ha-
ben und eigentlich dafür die Rechnung bezahlen müssten.

Und mögen wir alle einmal darüber nachdenken, warum die UN einst
gegründet wurde und warum man sein Vetorecht gegen Natobeschlüs-
se einlegen kann und darf, so wie es die Satzungen vorsehen. Und
denken wir alle darüber nach, ob es nicht gerechtfertig erscheint, ein
Mitglied der UN, dass sich – wie man es lautstark von der Bush-Truppe
zu hören bekommt – über UN-Beschlüsse hinwegsetzt, ob man eine
solche Regierung nicht vor das Kriegsverbrechertribunal in den Haag
zerren sollte.

Nur zu behaupten, der Irak besitze in Mengen Massenvernichtungs-
waffen, genügt ohne stichhaltige Beweise nicht aus, einen möglichen
Weltbrand zu entfesseln. Deutschland als "undankbar" zu bezeichnen,
nur weil es eine andere Einstellung zu einem möglichen Irakkrieg hat,
ist eines Freundes (und so sehen sich die USA ja zumindest nach
außen hin) mehr als unwürdig. Den hämischen Vergleich, Deutsch-
land mit Libyen und Kuba in einen Topf zu werfen, kann ich nur als
den geschmacklosen Ausrutscher eines vor Überheblichkeit strot-
zenden Ministers werten. Darüber muss man nicht weiter nachden-
ken, wenn auch er die beschissene Gesinnung des Bush-Umfeldes
widerspiegelt...


Kommt es zum Irakkrieg?
Die Prophezeiungen stehen auf Sturm, aber sie sind – wie fast immer
– nicht eindeutig. Persönlich denke ich, dass der Krieg kommt und die
vollen Waffenarsenale der US-Streitkräfte können entleert werden und
die US-Rüstungsindustrie (mehr als eine halbe Mio. Arbeitsplätze) wie-
der in Schwung bringen. Ölquellen sind ebenso in Sicht, wie ein sich
danach erstarkender Dollar. Der einst unterschätzte Euro wird seinen
Höhenflug beenden und aus der Sicht Amerikas wieder dort hin ver-
bannt, wo er hingehört. Der unerwartete Glücksfall – das nun uneinige
Europa – könnte zu seltsamen Blockbildungen führen. Alles in allem
ein Dreifrontensieg der USA, wenn es denn zum Krieg kommen wird.

Und wer würde schon freiwillig auf eine so siegreiche Zukunft verzich-
ten wollen? Am Ende könnte sich – abseits einer geschwächten UN –
Amerika als der Hüter des Heiligen Grals präsentieren. Als jene star-
ke Nation, die mit eiserner Faust über den Weltfrieden wacht. Und
wie der auszusehen hat, bestimmt der Große Bruder dann selbst.

Nun ja, Politik war noch nie ein 'sauberes Geschäft' und der Zweck
heiligte stets die Mittel. Dass sich jedoch auch heute, wo wir uns
alle als human und zivilisiert ansehen und wir zu einer gewissen gei-
stigen Reife gekommen sein sollten, dass da so im Dreck gesuhlt
wird, ist dann doch eine neue Erfahrung für mich. Aber ich lasse
mich gerne bekehren. Das ist auch mein gutes Recht. Wenn also
die Beweise gegen Saddam Hussein so stichhaltig sind, dass auch
die UN ihn als den "Teufel der Welt" betrachten, dann nix wie drauf
auf seine Rübe!

Aber – und deswegen existiert die UN – wenn derartige Beweise nicht
erbracht werden können und die Vereinten Nationen entschließen
sich zu einem klaren "Nein", dann hat auch ein Präsident, der viel-
leicht in seiner Kindheit nur unter der Dominanz seines Vaters litt
und nun den Gottvater Zeus aus seiner geschundenen Seele her-
auskehrt, sich an diese Beschlüsse zu halten. Dafür – genau da-
für wurde diese sinnvolle Institution einst gegründet. Der tatsächliche
Feind der Welt ist dann wohl der, der sich über ihre Gesetze hin-
wegsetzt.

Hoffen wir also, dass hier nur geblufft und mit den Ketten gerasselt
wird, um den Mann mit dem Schnauzbart nur einzuschüchtern. Und
hoffen wir, dass nicht ein tiefgefrorener Bin Laden wieder auftaucht,
um irgendwo in der westlichen Welt durch ein spektakuläres Atten-
tat einen Sinneswandel in den Völkern hervorzurufen. Seit den Brutkas-
ten-Babys in England habe ich für meinen Teil den Glauben an das
Gute im Menschen so ziemlich verloren. An das Gute in George
Bush jun. zu glauben, gelänge mir zur Zeit wahrscheinlich nur, wenn
ich bis zur Halskrause mit Drogen vollgepumpt wäre.

Wenn ich die Augen schließe, dann sehe ich einen kurzen und heftigen
Krieg im Irak. Danach ein jubelndes und befreites Volk und eine westli-
che Welt, die zufrieden aufatmet, weil die leidige Sache endlich vorüber
ist. Und es werden nur wenige sein, die sich daran erinnern, dass es
eigentlich nicht rechtens war, dass die UN zur Bedeutungslosigkeit
degradiert wurde und dass vielleicht gerade jetzt, im Februar, das Fun-
dament für eine neue Weltordnung gelegt wurde.

Ich wünsche allen, die dies hier lesen, einen friedlichen Monat März.

Ray O. Nolan







Ihre Meinung zum
Krieg im Irak...?
Ich bin gegen einen
Irakkrieg!
Ich bin für einen Krieg gegen den Irak.
Ich will dazu nichts
sagen.